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Technische Denkmäler

Nepomuk und sein Umland waren nie ein Industriegebiet, trotzdem finden wir hier nicht ausschließlich malerische Dorfhäuser und Bauernhöfe, sondern auch mehr oder weniger gut erhaltene historische Produktionsstätten, vorwiegend aus der Zeit vor der industriellen Revolution. Brauereien, Ziegelfabriken, Mühlen, Sägewerke, Hüttenwerke und Eisenhämmer gehören seit Jahrhunderten im ländlichen Böhmen zum Alltagsbild. Meist waren es kleine Betriebe, die mit ihren Erzeugnissen die nächste Umgebung, manchmal aber auch entferntere Gegenden versorgten. Machen Sie mit uns einen Ausflug zu den bisher eher wenig beachteten Zeugen früheren Alltagslebens in der Region.

Beginnen wollen wir unsere Wanderung an der Grünberger Post in Nepomuk. Dieses nicht sehr große Herrenhaus am nordöstlichen Rand des historischen Stadtzentrums hatte sich in der zweiten Hälfte des 17. Jh. der hiesige Hauptmann Daniel Táborský von Hirschfeld als seinen Familiensitz bauen lassen. Im 18. und 19. Jh., bevor die Eisenbahn ihren Einzug hielt, befand sich hier eine Poststation, wo die Postkutschen hielten, die Pferde gewechselt wurden und Reisende sich erfrischen konnten, also gewissermaßen eine Vorläuferin des Bahnhofs.

In den ehemaligen Pferdeställen finden wir heute eine Oldtimer-Ausstellung, besonders einige Dutzend historische Motorräder, aber auch eine Schlosserwerkstatt und Landmaschinen. In der Sommersaison ist die Ausstellung täglich außer montags geöffnet.

Hinter dem Gasthaus Na Vyskočilce beim Schloss Zelená Hora entdecken wir ein kleines Gebäude mit Schornstein – die frühere Schmiede. Dann machen wir uns auf zur Gemeinde Klášter. Rechterhand unterhalb des Schlosses befand sich der Gutshof der Herrschaft Sternberg, zu dem auch die Grünberger Brauerei gehörte. Die Brauereigebäude sind erhalten geblieben, aus der Nähe erkennt man die Malzdarre mit Schornstein, die Mälzerei, die Lagerkeller ...

Noch vor einhundert Jahren gab es drei Brauereien, zwei in Nepomuk und die hiesige, die auch das meiste Bier produzierte – fast 6000 hl. Das war damals nicht wenig, aber gemessen am Ausstoß heutiger Brauereien war sie nur ein Kleinbetrieb.

 

Wir setzen unseren Weg fort zur barocken Roten Brücke und überqueren diese immer dem roten Wegzeichen nach. Nach 100 Metern erblicken wir in westlicher Richtung in den Feldern ein einsames einstöckiges Haus. Es ist das letzte Überbleibsel der ehemaligen herrschaftlichen Ziegelei, Brennofen und Schornstein wurden in den Sechzigern des vorigen Jh. gesprengt. Die rote Wegmarkierung führt weiter über den Teichdamm eines trockengelegten Teichs nach links, wir folgen jedoch dem kleinen Muchovka-Bach bis nach Klášter. Hier überqueren wir die Brücke über die Úslava und setzen unseren Weg über den Teichdamm des Klášterský rybník (Klosterteichs) fort.

Am Ende des Damms befindet sich rechterhand das Gebäude der ehemaligen Wassermühle. In der Außenmauer erkennen wir romanische Fensterformen, ein Zeichen dafür, dass wir eines der ältesten Gebäude der hiesigen Gegend vor uns haben. Es gehörte zur einstigen Zisterzienserabtei. Welchen Zweck es ursprünglich erfüllte, ist unbekannt, aber eine Wassermühle kann bereits seit der frühen Neuzeit nachgewiesen werden. Im 19. Jh. befand sich hier eine sog. Aschenhütte, die Pottasche herstellte.

Wir gehen nun am Mühlgraben entlang zum Stauwehr. Oberhalb des Wehrs füllt das Flusswasser einen weiteren Graben, der Wasser zum Huťský rybník (Hüttenteich) leitet. Wir wandern weiter auf dem neuen Radweg „Helenka“ und nach ca. einem Kilometer erreichen wir die ehemalige wassergetriebene Rott´sche Sägemühle. Die Holzbaracken des eigentlichen Sägewerks sind nicht erhalten, nur das Wohnhaus steht noch, leider mit einem neuzeitlichen Anbau.

Ein Stück hinter dem Sägewerk liegt der Teich Huťský rybník, auch Panský rybník genannt. Das genial konstruierte Wasserwerk entstand in der ersten Hälfte des 18. Jh. als Vorratsbecken für den Betrieb der herrschaftlichen Hütten und Eisenhämmer. Ungewöhnlich ist, dass man nicht einfach das Tal eindämmte, sondern den Teich parallel zum Fluss Úslava anlegte. Er hat daher einen östlichen und einen nördlichen aufgeschütteten Damm, der bemerkenswerte 600 Meter lang ist. Der Bahndamm aus den Sechzigerjahren des 19. Jh. teilt den Teich in zwei Teile.

 

Wir gehen nun unter dem steinernen Viadukt hindurch und befinden uns im Ortsteil Železná Huť (Eisenhütte). Wie die Bezeichnung andeutet, handelt es sich ursprünglich um eine Arbeitersiedlung in unmittelbarer Nähe der Grünberger Eisenwerke. Mitte des 19. Jh. waren hier zwei Hochöfen, eine Eisengießerei und ein Eisenhammer in Betrieb. Die Hütte beschäftigte annähernd 200 Menschen. Die Gebäude stehen bis heute am Teichdamm. Nach der Stilllegung des Eisenwerkes in den Achtzigerjahren des 19. Jh. wurden sie als Ölmühle genutzt und in den Zwanzigerjahren des 20. Jh. zur Getreidemühle umgebaut. Sein ursprüngliches Aussehen hat nur das ehemalige Verwaltungsgebäude behalten, das sog. Schichthaus – ein ebenerdiger Bau mit Mansardendach in der Straßenbiegung unterhalb der Kapelle. Das Wohnhaus für die Hüttenarbeiter, mit Fachwerk im Obergeschoss, wurde unlängst abgerissen.

 

Wir setzen unseren Weg fort auf der Landstraße in Richtung Blovice, vorbei an den ehemaligen Hüttengebäuden, überqueren den Fluss und kommen linkerhand am herrschaftlichen Schafstall Nohavice vorüber. Dann biegen wir rechts in den Feldweg ein. Auf dem Feld vor uns tauchen die Gebäude von  „Barochs Mühle in den Wiesen“ auf. Bereits im Mittelalter ist hier eine Mühle belegt. Das heutige Mühlengebäude stammt aus dem Jahr 1906, ebenso die Maschinenausrüstung. Das gut erhaltene technische Denkmal beherbergt heute mehrere amerikanische Getreidemühlen, Elevatoren, Schrotmühlen und eine funktionsfähige Francis-Turbine, die nicht nur die Mühle, sondern auch ein Kleinwasserkraftwerk antreibt.

 

Wir überqueren den Fluss und biegen hinter der Mühle rechts auf den Feldweg ein, der uns zur Landstraße führt. Hier wenden wir uns noch einmal nach rechts und setzen unseren Weg fort, bis wir den Dorfplatz von Vrčeň erreichen. In dessen unserem Teil, neben einer weiteren Baruch-Mühle, deren Innenausstattung ebenfalls erhalten ist, befindet sich das Museum für Eisenbahngeschichte und Modelleisenbahnen. Vom Dorfplatz aus wandern wir weiter über die Landstraße nach Dvorec. Hinter der Brücke über den Bach Myslívský potok sehen wir rechts am ehemaligen Damm das Bahnhofs-Wasserwerk, dessen Gebäude sich am Standort der ursprünglichen früh-neuzeitlichen Eisenhütten befindet. Der relativ authentisch erhaltene Bau vom Ende des 19. Jh. ist u. a. wegen seiner untypischen sechskantigen Glasbausteine interessant. Wir wandern weiter bergan am ehemaligen Gasthof vorbei, vor dem Bahnübergang sehen wir links das Gebäude des ehemaligen Heizhauses, wo sich heute eine Tischlerei befindet. Es ist das letzte der Bahngebäude von Nepomuk, das seinen ursprünglichen nüchternen Neorenaissance-Stil durch die wechselvollen Zeiten retten konnte. Hinter dem Bahnübergang beginnt bereits die Bahnstation Nepomuk. Hier können wir mit dem Zug über die ehemalige Franz-Josefs-Bahnstrecke, die von Wien nach Eger führte, nach Pilsen oder nach České Budějovice fahren. Oder wir wandern, der grünen Wegmarkierung folgend, zurück zur Grünberger Post, wo unser Ausflug begonnen hat.